Text: Johannes Wagenknecht/ Gudrun Kaspareit
Fotos: Johannes Wagenknecht
25.06.2017
Die USA erklärte Escobar zum Staatsfeind Nummer eins, da er den amerikanischen Markt mit Drogen überschwemmte. Aber auch die Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens, kurz Farc entdeckten den Drogenhandel als Einahmequelle. Sie sind die älteste und mit mindestens 15. 000 Aktivisten größte Guerillabewegung des Kontinents. Pablo Escobar hat die Staatsmacht bekämpft, sich aber mit FARC und Paramilitärs arrangiert, um seine Geschäfte machen zu können. Längst sind die einstigen Freiheitskämpfer als Mörder, Entführer und Drogenhändler verrufen. Nach dem Tod Escobars 1993 ging es FARC und den Paramilitärs nur noch um die Vorherrschaft im Drogengeschäft. Ende der 1990er Jahre wurde der Großteil des Landes von illegalen Gruppen beherrscht. Nur die massive Militärhilfe aus den USA konnte Kolumbien davor bewahren, vollkommen destabilisiert zu werden.
Der Friedensvertrag ging vielen Bürgern nicht weit genug und wurde in einem Referendum abgelehnt. Einen zweiten Vertrag hat man so umgeschrieben, dass Menschenrechtsverletzungen, welche die FARC begangen hatte härter bestraft wurden und der FARC wurde das Geld entzogen. Im Gegenzug bekamen sie 10 Sitze im Parlament, um so in den demokratischen Prozess eingebunden zu werden. Dann begann die lange und mühselige Entwaffnung der Rebellen.
Die FARC gibt ihre Waffen ab, doch dadurch entsteht ein Machtvacuum, in welches andere Terrorgruppe vordringen oder auch kriminelle Drogenkartelle. In Bogota in einem Einkaufszentrum ist eine Bombe explodiert und hat 3 Frauen getötet, mitten im Friedensprozess. Man schreibt dies der linken Terrorgruppe "El Tiempo" zu. Das ist schon der zweite Anschlag dieser Art.
Die größte Guerillagruppe, die links gerichtete FARC, hat dem Friedensvertrag zugestimmt und hat begonnen ihre Waffen abzugeben. Die marxistische ELN verhandelt gerade mit der Regierung über einen Friedensvertrag. Beide beeilen sich zu beteuern, dass sie nichts mit den Anschlägen zu tun hätten. Paramilitärische Banden rücken derweil in den Fokus. Es ist so wichtig, das dieser rechtsfreie Raum überwunden wird, und sich in der Region stabile Verhältnisse bilden, die Sicherheit vermitteln und zeigen, dass man auch ohne Drogenanbau auf ehrliche Weise seinen Lebensunterhalt bestreiten kann.
(Gudrun Kaspareit)
Die FARC operierte hauptsächlich in unzugänglichen Gegenden, die auch oft Naturschutzgebiet sind. Defakto gibt es heute kein Naturschutzgebiet in Kolumbien, in dem nicht Koka angebaut, oder illegal Bergbau betrieben wird. Diese Luftaufnahme zeigt den Rio San Miguel im Amazonastiefland - links den unberührten Urwald in Ecuador, rechts die Koka-Felder in Kolumbien. Der Friedensbeschluss birgt das große Risiko, dass die Situation für Bevölkerung und Natur noch schlimmer wird ... Wenn nämlich Polizei und Militär das entstehende Machtvakuum nicht schnell füllen, dann werden sich paramilitärische Drogenbanden breit machen.
Es ist also sehr kompliziert ...
(Johannes Wagenknecht)
Kaffee und Frieden
Für die Konfliktzonen Kolumbiens ist die Waffenübergabe ein entscheidender Schritt. Je mehr Waffen eingesammelt werden, umso geringer wird die Gewalt, der die Landbevölkerung jahrzehntelang ausgesetzt war. http://www.zeit.de/politik/ausland/2017-06/farc-rebellen-waffenuebergabe-vereinte-nationen-friedensmission
Verschwinden wird die Gewalt aber erst, wenn das Drogen-Geschäft gestoppt wird. Eine Studie der Universidad de los Andes belegt, dass es in den vergangenen 50 Jahren in den Kaffeeanbaugebieten Kolumbiens weniger Gewalt gab als in anderen Landesteilen. Das ist wenig überraschend. Wenig überraschend ist auch, dass den Koka-Bauern der Umstieg zu Kakao oder Kaffee nicht leicht fällt. Der Kakaopreis fällt und nähert sich dem Allzeit-Tief des Jahres 2000, der Kaffeepreis ist in den letzten 8 Jahre keinen Cent gestiegen.
Darum ist es wichtig, dass es Positiv-Beispiele in der Region gibt. Wenn Bauern, die immer Kaffee angebaut haben - so wie Giraldo und seine Kollegen, - Erfolg haben, ist das die beste Motivation für andere. Gilberto Giraldo z.B. mit seiner Finca baut und baute seinen Kaffee mitten im Epizentrum des Konflikts zwischen FARC und Paramilitärs an.
https://www.kanwan.at/die-fincas/finca-el-mango/
(Johannes Wagenknecht)
Weitere Infos:
Nachtrag:Text von Gudrun Kaspareit mit Informationen von Johannes Wagenknecht, unserem Community Mitglied. Johannes Wagenknecht wurde im Okt. 2016 von Männern verschleppt, die vorgaben, der FARC anzugehören.
„Von der Entführung ist mir nur eine große tiefe Narbe am Kopf geblieben. Ich hatte viel Glück. Meine Entführer gehörten zum Zeitpunkt der Entführung nicht zu den Rebellen. Ob sie vielleicht früher dazugehörten, ist ungewiss.“
Marion Hartmann (Donnerstag, 06 Juli 2017 12:38)
Ich bin wirklich tief erschüttert über die Zustände und mir fehlen sozusagen die Worte.
Dies zeigt einmal mehr, wie wichtig Aufklärung ist, wenigstens dort, wo Aufklärung willkommen ist und man nicht nur dahin dümpelt zwischen Preisvergleichen und Fernsehserien.
Mafiöse Strukturen, die von Gewalt, Geld und Macht gezeichnet sind -, man hat sie ja in ach so vielen Bereichen schon.. wie in diesem Fall der globale Drogenhandel.., sind glaube ich, kaum noch beherrschbar. Furchtbar, dass Johannes Wagenknecht persönlich Gewalt erfahren musste und trotzdem kaum Rücksicht nimmt auf die Gefahren der Öffentlichkeitsarbeit. Ich wünsche mir für diesen äußerst wichtigen Bericht von Johannes und Gudrun viele Leser, die vielleicht auch ein paar Worte zu sagen haben. Nur soviel noch, dass Donald Trump.., wenn auch ungeliebt, wohl genau weiß, was er sagt und will, wenn er von der Drogenüberschwemmung des amerikanischen Marktes spricht.
Erika (Donnerstag, 06 Juli 2017 11:03)
Viele beruehmte Frauen schrieben und erstellen noch heute Kriminalromane. Dieser Bericht ist mehr als das, er berichtet fast genauso erregend ueber Hunderte Ermordeter , aus Rache getoeteter Richter, Staatsanwaelte und einfacher Menschen, die sich der Gewalt entgegenstellten. Mit ersten Friedensverhandlungen und Waffenamnestie soll nun eine 'Regenbogenbruecke' Frieden bringen. Es wird lange dauern, aber die besten Kaempfer , ohne jede Waffe,waren Kaffeeplantagenbesitzer. und wir sehen einen dieser besonderen Menschen und hoeren ,wie es ihm gelang, zwischen den feindlichen Gruppen, seine Kaffeeplantagen zu behalten. Sein Verdienst war klein im Vergleich zu Drogenhandel, aber er war den Kaempfern haushoch ueberlegen,denn das beruhigende und anregende Getraenk, beliebt seit eh und je,wurde durch ihn und andere Kaffeeplantagenbesitzer ein Friedenssymbol. Es geht so und bringt staendige Kundschaft weltweit. Kaffee aus Kolumbia war immer ein Qualitaetssiegel.
(1735 wurde vermutlich in Zimmermanns Caffeehaus,Johann Sebastian Bachs Kaffeekantate uraufgefuehrt. Es war eine Mini Oper, in welcher der Vater seiner Tochter die Kaffeesucht abgewoehnen will. Sie bleibt eigensinnig, scheint zuzustimmen, als er ihr die Liebes-Heirat bewilligt. Er ahnt nicht, dass der kuenftige Ehemann ihr jederzeit das Kaffeetrinken erlauben wird. Herrlich humorvoll und satirisch).
Eva Schmelzer (Sonntag, 02 Juli 2017 12:43)
Das liest sich ja wie ein Krimi!!! Ja, es ist in der Tat kompliziert, sein Tässchen Kaffee mit gutem Gewissen zu trinken. Ich habe diesen Artikel mit allen Links sehr aufmerksam gelesen, und bin nahezu überwältigt, wie weitreichend die Zusammenhänge sind, und was den Kaffee betrifft dachte ich bisher, das einzige Problem wäre eine faire Bezahlung der Bauern und Arbeiter und Umweltauflagen. Aber es ist nicht zu fassen, welche Zusammenhänge bestehen, dass sogar Menschenleben daran hängen können. Ich bin sehr froh, dass der Schutzengel des großartigen Johannes Wagenknecht professioneller als seine Entführer ist!