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Kanwan

Die Träumenden Senoi

Text und Fotos: Arne Salisch

27.11.2021

Temiar Siedlung im Hochland von Perak. Bild: Arne Salisch
Temiar Siedlung im Hochland von Perak. Bild: Arne Salisch

Die Senoi sind eine aus sechs Völkern bestehende ethnische Gruppe der Urbevölkerung Malaysias, der Halbinsel Malakka. Sie werden "Die träumenden Senoi" genannt, weil ihre spezielle Art des Umgangs mit Träumen Niederschlag in der westlichen Psychotherapie gefunden hat. Zu den Senoi gehören Mah Meri, Semai und Semoq Beri. Die Senoi machen laut Wikipedia mehr als 50 % der indigenen Bevölkerung Malaysias aus.

"Entdeckt" wurden die Senoi in den frühen 30iger Jahren des vorigen Jahrhunderts als der Cambridge Anthropologe Herbert D. Noone, genannt Pat, in Taiping eintraf und anfing, für das National Perak Museum zu arbeiten.

Ein spannendes Abenteuer begann, das selbst in der Geschichte der Anthropologie äußerst bemerkenswert ist.

Fasziniert vom Ruf der in den Bergen der größten Subethnie der Senoi, unternahm Noone mehrere Expeditionen ins Hochland von Perak, um die Temiar zu finden. Nach mehreren Versuchen gelang der Kontakt zum Batin (Anführer, Headman) der Temiar der Region namens Along, der Noone die Möglichkeit eines längeren Aufenthaltes bei den Temiar gewährte. Vermittelt wurde dieses durch einen Puyang (Schamanen) der Semai, dem in seinen Träumen die Ankunft Noones vorher gesagt wurde und der darauf hin den Kontakt zu den tief in den Regenwäldern des Hochlandes lebenden Temiar herstellte.

In seiner Funktion als Wissenschaftler des National Perak Museums in Taiping ließ Noone das Gebiet der Temiar zum Reservat erklären, um das Vordringen und den Landraub durch malayische Siedler zu verhindern. Noone hielt sich für längere Zeit in der Region auf und gewann das Vertrauen von Dato Bintang, der den Ruf eines mächtigen und furchtlosen Puyang hatte, der, politisch weitsichtig, auch bereit war, soziale Neuerungen anzuregen. Er sprach schnell die Sprache der der Temiar, einen Mon Khmer Dialekt, und gewann das Vertrauen der Menschen

Dann verliebte sich Pat Noone in Anjang, die Nichte von Dato Bintang und heiratete sie, was seine Stellung in der Gemeinschaft festigte und ihm umfangreiche Forschungen ermöglichte. Fasziniert war er von der Friedfertigkeit der Menschen. Es gab in ihrer Gesellschaft keinen Diebstahl, keine Gewalt unter Erwachsenen und keine Gewalt gegen Kinder. Blutige initiatorische Riten und Körperdeformationen waren ihnen ebenso unbekannt. Konflikte wurden durch eine Art Jury geregelt, meist kam es durch einen Ausgleich durch Zahlungen von Naturalien.

Noone führte diese Friedfertigkeit auf den Umgang der Senoi mit ihren Träumen zurück, wie er in einem Vortrag unter dem Titel "The Dream Psychology of the Senoi Shaman" vor den anthropologischen Fakultäten der Universitäten Oxfords und Cambridges darlegte.

Nun kam der amerikanische Psychologe, Psychotherapeut und Hypnotisateur Kilton Stewart ins Spiel. Dieser war höchst interessiert an Träumen von Stammesvölkern und begleitete Noone zu den Temiar und einigen Negrito-Gruppen, um Studien durchzuführen. Stewart hatte zuvor bei verschiedenen Naturvölkern geforscht, den Ainus, den Kopfjägern auf Formosa und den Negritos auf den Philippinen. Er war überzeugt davon, die Antwort auf die Probleme der westlichen Zivilisation sei bei den Naturvölkern zu finden.

Im Jahr 1942 besetzten die Japaner Malaysia. Noone, der zuvor noch das erste Gesetz zum Schutz der Urbevölkerung Malaysias entwarf, das "Aboriginal Tribes Enactment Perak No.3", schloss sich der Guerilla an und dann verlor sich seine Spur.

Das von Noone entworfene Gesetz ar das erste Gesetz zum Schutz der Naturvölker Malaysias. Und aufgrund dessen wurden alsbald in Perak die ersten Reservate gebildet, die der Urbevölkerung Malaysias Schutz vor Ausbeutung und Landraub boten. 1954 wurde dann der "Aboriginal Peoples Act" erlassen, der den Orang Asli Schutz auf nationaler Ebene geben soll. Der APA bildet die Grundlage für die Kartierungen auf der Basis von Besiedlungsnachweisen, das den Menschen Recht auf ihr Land zumindest auf dem Papier zuspricht, wenn sie beweisen können, dass sie schon mindestens 150 Jahre dort leben.

Jahrelang wurde nach Noone gesucht. Gregory Bateson, einer der bekanntesten Wissenschaftler des 20. Jahrhunderts, ein Anthropologe, Sozialwissenschaftler, Biologe, Kybernetiker und Philosoph, suchte per Hubschrauber und wollte sogar mit einem Fallschirm in der Wildnis abspringen, um nach seinem Freund Pat Noone zu suchen.

Viele Jahre später klärte sich das Schicksal Noones auf. Er wurde in einem Streit um seine Frau mit einem Pfeil erschossen. Einer der besten Freunde Noones, der Temiar Uda, der auf Noones Frau während dessen Abwesenheit aufpasste, erhob sexuelle Ansprüche. Rasend vor Wut und Eifersucht schoss er ihm mit einem Blasrohr ins Auge. Noone war sofort tot. Hier hatte die Gewaltlosigkeit anscheinend ihre Grenzen.

Kilton Stewart hingegen war in den USA aktiv und schuf durch seine Dissertation und andere Schriften den Mythos der "Träumenden Senoi". Er behauptete, dass alle erwachsenen Senoi eine Art Traumkontrolle durchführte. Das ist jedoch falsch. Dass die Friedfertigkeit der Senoi auf ihren Umgang mit ihren Träumen zurück zu führen sei, mag durchaus sein. Es ist gut vorstellbar, dass durch die Bewusstmachung unbewusster Inhalte ein Aggressionsabbau stattfindet.

Grabmal der Jahut , Bild: Arne Salisch
Grabmal der Jahut , Bild: Arne Salisch
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